Boker tov - Nun bin ich drei Wochen hier

19Sept2023

Langsam habe ich das Gefühl, dass mein Gehirn nicht mehr zwei Stufen über dem normal Modus läuft. Langsam brauch ich nicht mehr alles gleichzeitig zu verstehen und während dessen sinnlos in der Küche rumstehen. Langsam brauch ich nicht mehr alles fragen und kann einzelne Worte in Hebräisch sagen. Langsam, langsam.

Anfangs schaute ich nach und nach überall rein, versuchte mir die Routinen zu merken und sollte meine Kräfte zu stärken.

Ich half zunächst bloß in der Küche beim Vorbereiten und mir wurde immer wieder etwas über das Kfar oder die Chaverim (auf Hebräisch "Freunde", womit die Bewohner gemeint sind) in unserem Haus erklärt. Erst seit dieser Woche ging es wirklich in die pädagogische bzw. pflegerische Richtung.

Ich kümmere mich hier größten teils um einen bestimmten Chaverim aus meinem Haus. Wobei kümmern nicht heißt, ihn zu füttern oder zu waschen. Es heißt viel mehr, ich bin da, um ihm zu sagen, was als nächstes kommt und zu verhindern, dass er an irgendeiner Kleinigkeit hängenbleibt.  Mit Kleinigkeit mein ich so etwas wie, dass das Handtuch korrekt hängen muss (wobei die Ordnung aber auch von Tag zu Tag anders ist) oder auch einfach dass einzelne Blätter auf der falschen Stelle auf dem Weg liegen.

Dies bringt mich manchmal fast zum Verzweifeln, besonders Morgens, da er sich da anziehen, das Bett machen, ich ihm die Zähne putzen und rasieren muss und das alles in einer bestimmten Zeit. Manchmal geht es aber auch plötzlich ganz leicht und er hat immer ein niedliches Lächeln auf den Lippen und manchmal müssen wir beide auch einfach nur schallend lachen.

Nach der Morgenroutine, welche nach dem oben Beschriebenen mit einem gemeinsamen Frühstück im Haus und einem anschließenden Morningsong mit dem ganzen Kfar (Hebräisch für Dorf) vollendet ist, geht es in die Werkstätten. Hier bin ich in der Weberei. Diese ist ein sehr guter Ort zum ausruhen, allerdings muss ich auch manchmal aufpassen nicht einzuschlafen, denn Schlaf kommt teilweise etwas kurz.

Nach den Werkstätten gibt es im jeweiligen Hause (es sind hier sieben verschiedene Häuser) Mittagessen und dann hat man zwei Stunden Pause. Diese habe ich anfangs fast komplett durchgeschlafen, weil es einfach so viele Eindrücke auf einmal waren, mittlerweile bleibt auch schon Zeit für anderes. Nach einem kleinen Kaffeetrinken geht es dann wieder an die Arbeit, welche jedoch immer verschieden ist, abhängig davon, was gerade ansteht.

Vor dem Abendessen muss ich meinen Chaverim beim Duschen beaufsichtigen und nach dem Essen gibt es eine von den Coworker (Freiwilligen) organisierte Abendktivität.

Somit endet der Tag zwischen acht und neun Uhr, je nach dem, ob man für den Abend und das zu Bett bringen verantwortlich ist.