Rückreise

26Dez2023

Am nächsten Morgen (bezieht siech auf den letzten Eintrag) blieb mir so nur Zeit, ein letztes Mal beim Zähneputzen zu helfen und mir ein Frühstück zusammen zustellen, von dem ich jedoch nur die Hälfte schaffte, weil einerseits die Zeit nicht reichte und ich andererseits ohne hin kaum etwas runter bekam. Danach wurde ich von allen aus meinem Haus verabschiedet, wobei viele Tränen flossen und zum Schluss sangen noch alle von uns die nach Ein Yahaf gekommen sind ein Abschiedslied für mich und einen Mitfreiwilligen aus Deutschland.

Gleich darauf wurden wir von meinem Hausvater ins Zentrum des Dorfes gefahren, wo unsere Mitfahrgelegenheit auf uns wartete. Diese war ein Mann mit einem klapprigen kleinen Auto, welches aber Vollgas fuhr und dabei Fenster offen und Radio auf voller Lautstärke hatte. Für die weitere Planung war das nicht gerade hilfreich, recht schnell kommunizierten mein Mitfreiwilliger und ich nur noch über Nachrichten, aber es half die Gedanken und Gefühle zu betäuben und vor allem brachte es uns nach Be'er Sheva. Von dort holte uns dann jemand ab und nach drei Stunden kamen wir entlich im beinah ausgestorbenen Kfar Rafael an.

Mittlerweile hatte sich ein Flug für den nächsten Tag morgens um zehn von Tel Aviv gefunden. Somit hieß es für uns jetzt Sachen packen. Dafür einen halben Tag Zeit haben und eigentlich sehr genau wissen, was man einpacken muss, sollte nicht so schwer sein. Aber wenn du eigentlich gerade erst dein Zimmer eingerichtet, dich an die Menschen gewöhnt und sie auch wirklich ins Herz geschlossen hast. Wenn du innerhalb von vier Tagen Bombenalarme gehört, durch ein Viertel des Landes hin und wieder zurück gefahren bist und alles fühlende somit noch drei Schritte hinterher henkt. Dann fällt es unglaublich schwer alles wieder aus dem Schrank und von der Wand zu nehmen und wieder in diesen Rucksack zu packen, den du gefühlt erst vor einer Stunde ausgepackt hast. Jeder Bewegung, jeder Handgriff fühlt sich falsch an.

Daher stand ich zunächst nur in meinem Zimmer und drehte mich wieder und wieder um meine eigene Achse. Wollte nichts anfassen, wollte nicht zulassen, dass "gehen-müssen" Gestalt annehmen zu lassen. Und doch wusste ich, dass ich musste. Zum Glück war eine mir sehr wichtige Freiwillige im Dorf geblieben und hatte Zeit. So saß sie den restlichen Nachmittag in meinem Zimmer, wir hörten Musik, sie malte und ich packte Sachen. Viel reden taten wir nicht. Doch einfach ihre Anwesenheit half mir, nicht zu denken, sondern einfach zu machen.

Der Abend verstrich dann mit sauber machen und im verlassenen Haus Klavier spielen. Zu letzt schrieb ich noch eine Abschiedskarte für mein ganzes Hausteam und verabschiedete mich.

Da es auch nochmal einen kurzen Bombenalarm gegeben hatte, entschied ich mich die kurze Nacht im Bunker zu verbringen. 

Am nächsten Morgen ging es für uns beiden Deutschen um drei Uhr mit dem Taxi zum Flughafen in Tel Aviv, wo wir auf drei weitere Freiwillige aus unserer Organisation trafen. Es tat sehr gut nicht allein zu sein. So konnte man aus der Sorge, ob man alles rechtzeitig schaffte, ob man ohne Probleme durch die Sicherheitskontrolle kommt und ob der Flieger nicht doch noch gecancelt wird oder einfach nicht abhebt, Witze machen. Am Ende lief auch alles mehr oder weniger ohne Komplikationen und wir hatten sogar noch Zeit für ein teures Flughafenfrühstück.

Israel dann wirklich unter sich wegziehen zusehen, war aber doch sehr ergreifend.

Erstmal ging es für uns runter nach Äthiopien, da diese Richtung beinahe, die einzige war, die noch genutzt wurde. In Äthiopien hatten wir dann zehn Stunden Aufenthalt, welche wir auf dem Flughafen verbrachten, weil wir einerseits nicht wussten, ob wir überhaupt visumstechnisch raus können und andererseits sowieso ziemlich k. o. waren. Zunächst schliefen wir alle auf den Flughafenbänken für fast zwei Stunden und lagen noch etwas länger da, in der Hoffnung irgendwie hinter dem Geschehenem herzukommen. Irgendwann holte sich jeder irgendetwas zu essen und gegen Mitternacht ging es dann weiter nach Frankfurt.

Nach sieben Stunden mit Rückenschmerzen in der mittigsten Mitte des Flugzeug umgeben von schlafenden Menschen, kamen wir am Donnerstag morgen in Frankfurt an. Fast alle von uns wurden von der Familie abgeholt und mit dem Auto gefahren.

Es war komisch sich nun trennen zu müssen und quasi allein mit all den Erfahrungen nach Hause zu fahren.